Die Türkei ist nicht nur auf Platz 17 der größten Volkswirtschaften weltweit, sondern auch ein wichtiges Produktionszentrum für diverse Industrien und ein bedeutendes Warenherkunftsland für viele europäische Unternehmen.

Aufgrund seiner geografischen Brückenfunktion zwischen Europa und Asien – die größte Stadt der Türkei, Istanbul, ist bekannt dafür, auf zwei Kontinenten zu liegen – kann das Land Importeuren zahlreiche Vorteile aus beiden Kontinenten bieten.

Die Produktionskosten sind häufig deutlich geringer als beispielsweise in Westeuropa, wohingegen die vorteilhafte Zeitzone und die Nähe zum europäischen Markt Arbeitsbeziehungen mit der Türkei erleichtern können. Darüber hinaus ermöglichen diese Aspekte schnellere Reaktionszeiten und eine schnellere Markteinführung verglichen mit Lieferanten, die weiter weg sind.

Wenn man dazu noch das Potenzial für niedrigere Logistikkosten und bei vielen Waren die Möglichkeit einer zollfreien Einfuhr betrachtet, erkennt man schnell, warum die Türkei zum fünftgrößten Handelspartner Europas geworden ist.¹

Einer der Hauptvorteile der Warenbeschaffung aus der Türkei ist die bevorzugte Behandlung, die viele dieser Waren im Rahmen der EU-Türkei-Zollunion erhalten. Hierbei handelt es sich um ein etabliertes Abkommen, das 1995 in Kraft getreten ist und den freien Warenverkehr sowie Zoll- und Quotenfreiheit für die darunter fallenden Waren ermöglicht.⁶

Dennoch sollte man auch beachten, dass nicht alle Waren von der Zollunion abgedeckt werden. Sie umfasst industrielle Produkte und verarbeitete Landwirtschaftsprodukte, jedoch nicht sonstige landwirtschaftliche Produkte oder Kohle- und Stahlprodukte, wenngleich für diese eigene Handelsverträge gelten. Mehr Informationen zur Zollunion und weiteren Handelsverträgen finden Sie hier.

Waren, die in der Zollunion bevorzugt behandelt werden, sollte für den grenzüberschreitenden Versand unbedingt ein A.TR-Warenverkehrsbescheinigung beigefügt werden. Diese fungiert als Beleg für ihren Zollstatus und zeigt, dass sich die Waren in der Türkei (oder in der EU, falls es sich um Ausfuhren in die Türkei handelt) bereits im freien Verkehr befunden haben und daher keine Einfuhrzölle fällig werden.⁷ Nicht belegt werden muss, dass die Waren auch tatsächlich in der Türkei hergestellt wurden. So lange sich die Waren im freien Verkehr befinden, können sie von der bevorzugten Behandlung profitieren.

Berücksichtigt werden sollte, dass seit Juli 2024 die physischen Zertifikate offiziell durch elektronische A.TR-Warenverkehrsbescheinigung ersetzt wurden. Dies knüpft an ähnliche Maßnahmen an, die während COVID-19 eingeführt und von beiden Seiten als erfolgreich erachtet wurden.⁸

Beachtet werden sollte zudem, dass im Vereinigten Königreich andere Bestimmungen gelten, da es mit dem Austritt aus der EU auch die EU-Zollunion und den Binnenmarkt verlassen hat. Das Handelsabkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Türkei besagt wiederum, dass für Waren nur dann eine bevorzugte Behandlung gilt, wenn sie entweder aus der Türkei oder aus dem Vereinigten Königreich stammen. Anstelle der A.TR-Warenverkehrsbescheinigung benötigen Sendungen unter diesem Abkommen eine Ursprungserklärung auf der Handelsrechnung oder andere Versanddokumente.⁹

Sich zu entschließen, Waren aus der Türkei einzuführen, ist eine Sache – den richtigen Lieferanten zu finden, eine andere. Selbst wenn die Marktgrundlagen für Ihr Geschäft vorteilhaft sind, ist eine Zusammenarbeit mit dem richtigen Partner entscheidend, um diese Vorteile auch nutzen zu können. Wo setzt man hierfür am besten an? Onlineplattformen wie Alibaba sind ein guter Anfang, aber auch der Besuch von Handelsmessen im eigenen Land oder im Ausland, bei denen türkische Anbieter vertreten sind, bieten einen Ansatzpunkt.¹⁰ Beide Optionen bieten ein Einsparpotenzial, zum Beispiel bei Zwischenhändlerkosten, erfordern aber mehr Arbeitskraft auf Ihrer Seite. Eine weitere Möglichkeit sind Beschaffungsagent*innen. Sie können Unternehmen vielfältig unterstützen, u. a. bei der Eingrenzung Ihrer Suche, bei Preisverhandlungen und bei der Qualitätskontrolle.¹¹

Wenn Sie in Betracht ziehen, Waren aus der Türkei zu beziehen, sollten Sie darüber nachdenken, inwiefern sich dies in Ihre allgemeinen strategischen Unternehmenspläne integrieren lässt. Ein Beispiel: Eine örtliche Nähe zum Markt bedeutet häufig nicht nur schnellere Zustellungen, sondern mitunter auch mehr Agilität, wodurch Sie schneller auf Trends und Marktentwicklungen reagieren können. Der Standort gibt Ihnen zudem mehr logistische Optionen als viele andere Länder, indem Sie auf schnelle Versandwege per Straße, Schiene oder Flugzeug zurückgreifen können. Dadurch haben Sie mehr strategische Optionen, um Kosteneffizienz und Schnelligkeit zu verbinden. Auch andere Vorteile wie Nachhaltigkeitsnachweise und Berechnungen zur Klimabilanz stehen Ihnen so zur Verfügung.

Waren aus der Türkei einzuführen, kann einfacher sein als aus vielen Nicht-EU-Ländern. Dennoch sollte man einige Grundlagen im Hinterkopf behalten. Neben dem A.TR-Dokument (und anderen Dokumenten für landwirtschaftliche oder Kohle- und Stahlprodukte) benötigen Sie eine Handelsrechnung, eine Warenbeschreibung und den genauen Warenwert. Für bestimmte Produkte sind unter Umständen weitere Unterlagen erforderlich, zum Beispiel Lizenzen oder ein CITES-Zertifikat.¹² Und auch wenn die meisten Einfuhren aus der Türkei durch Freihandelsabkommen abgedeckt sind, sollten Sie immer prüfen, ob für das von Ihnen eingeführte Produkt Zölle oder andere Bestimmungen gelten. Wenn Sie Waren in die EU einführen, können Sie die Details zu einem bestimmten Produkt, das Sie einführen, in die TARIC-Datenbank eingeben – beachten Sie jedoch, dass dort keine Angaben zu nationalen Steuern wie zur Umsatzsteuer gemacht werden.